Verein der kassenzugelassenen Psychotherapeuten im Landkreis Göppingen
Jeder Mensch kennt Angst und Angstgefühle, z.B. Angst vor Prüfungen, Angst vor der Zukunft, Angst vor Versagen und Angst krank zu werden, um nur einige aufzuzählen. Angst ist überlebensnotwendig, sie dient auch der Mobilisierung von Energien, die der Körper bereitstellt, um eine Flucht zu ermöglichen. Dabei spielen sich heftige physiologische Reaktionen ab, u.a. eine Zunahme des Herzschlags, der Atemfrequenz und die Ausschüttung von Stresshormonen.
Körperliche Erkrankungen, bei denen Ängste auftreten oder medikamentöse Nebenwirkungen sollten durch eine ärztliche Untersuchung ausgeschlossen werden.
Angstgefühle können leicht oder schwer sein; die Angst kann so stark werden, dass sie zur Handlungsunfähigkeit führt, in der Alltagssprache heißt es z.B. „Jemand ist starr vor Angst“. Zwischen normalen Ängsten und Angststörungen, also psychischen Störungen mit Ängsten von Krankheitswert sind die Übergänge fließend. Bei krankhaften Ängsten sind die Ängste einerseits übersteigert, andererseits treten sie in Situationen auf, die ungefährlich sind und eigentlich keinen Anlass für Angst bieten sollten. Beispiele dafür sind Aufzüge, Höhen, Tunnels oder Schlange stehen vor einer Kasse. Es handelt sich dabei um innere Ängste, die an einer schwierigen Situation anknüpfen, aber übersteigert sind wie z.B. massive Prüfungsängste oder übertriebene Krankheitsfurcht oder Angst vor dem Einschlafen und Angst vor dem Alleinsein. Diese Situationen fungieren nur als Auslöser der Ängste, sie stehen in Verbindung mit innerseelischen Konflikten, die in der Therapie erforscht und gelöst werden.
Stehen krankhafte Aspekte von Angst im Vordergrund, die weitere Folgen nach sich ziehen, wie
so handelt es sich zweifellos um eine Angststörung.
Wenn Ängste in bestimmten Situationen auftreten, ergreifen Menschen die Flucht, obwohl diese Situationen nicht wirklich gefährlich sind und vermeiden diese zukünftig. Dies führt zu einer Einengung des Verhaltensspielraums, bei schweren Erkrankungen sogar dazu, dass z.B. das Haus nicht mehr verlassen wird.
Klingen die Angstgefühle ab, d.h. tritt wieder eine Beruhigung des Körpers und im Empfinden ein, kann Erschöpfung und Müdigkeit auftreten - Angst zu haben ist äußerst anstrengend.
Menschen mit Angststörungen neigen dazu, Angst auslösende Situationen in Zukunft zu vermeiden. Dazu tragen Befürchtungen bei, dass Ängste in bevorstehenden Situationen wieder auftreten könnten, die zu Symptomen führen wie Schwindel oder Zittern beim Essen. Menschen mit Angst- und Panikattacken entwickeln die Tendenz, Situationen, in denen sie zu Beginn der Erkrankung zufällig Angst erlebt haben, aus dem Weg zu gehen. Menschen mit Agoraphobie (Platzangst) fürchten eher das Alleinsein oder keine Hilfe bzw. Unterstützung zu bekommen. Sie wenden sich oft an den Hausarzt bei Symptomen oder rufen den Notarzt, während Menschen mit sozialen Ängsten die Angst durch oder die Anwesenheit anderer Menschen erleben. Sie fürchten, von ihnen beurteilt oder verurteilt zu werden.
Ängste treten nicht nur bei Angststörungen auf, sondern auch bei vielen anderen psychischen Erkrankungen, wie z.B. Depressionen, bei denen Versagensängste im Vordergrund stehen können.
Bei manchen Patienten kommt es vor, dass sie Druck auf der Brust, Beklommenheit, Engegefühle oder Herzklopfen verspüren, dabei aber kein Angstgefühl empfinden. Lediglich die körperlichen Reaktionen werden bemerkt.
Größere Probleme können nicht zuletzt dadurch entstehen, dass die Angst vor der Angst zunimmt, d.h. die Angst vor dem erneuten Auftreten von Ängsten. Die Folge ist eine Zunahme des Vermeidungsverhaltens bzw. die Vermeidung von bestimmten Situationen oder Aktivitäten. Auf diese Weise kann ein Kreislauf entstehen oder ein Teufelskreis, der nicht mehr zu durchbrechen ist, so dass professionelle Hilfe aufgesucht werden muss.
Angsterkrankungen sind relativ häufige Erkrankungen, mehr als 15% der Bevölkerung leiden irgendwann im Laufe ihres Lebens an einer solchen Symptomatik.
Bei leichteren, mittelschweren und nicht lang anhaltenden Angsterkrankungen können psychotherapeutische Verfahren wie die Verhaltenstherapie, die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und die analytische Psychotherapie indiziert sein. Je nach Voraussetzung des Patienten sollte individuell entschieden werden, welche Psychotherapieform am geeignetsten und passendsten erscheint. Es kommt auch vor, dass unterschiedliche Psychotherapieformen zu verschiedenen Zeiten oder hintereinander angewendet werden.
In der Verhaltenstherapie erarbeiten Therapeut und Patient zu Beginn der Behandlung ein Verständnis dafür, unter welchen Bedingungen die Angst entstanden ist und welche Bedingungen die Angst aufrechterhalten. Ein Zusammenhang zwischen den gedanklichen, gefühlsmäßigen und körperlichen Reaktionen der Angsterkrankung wird hergestellt. Von Interesse sind darüber hinaus die bisherigen Bewältigungsversuche und insbesondere die erfolgreichen Bewältigungsstrategien. In Konfrontationsübungen lernt der Patient, sich den Angst auslösenden Situationen auszusetzen.
Bei den tiefenpsychologischen und analytischen Verfahren, die eng miteinander verwandt sind, stehen die innerseelischen Konflikte im Vordergrund, die mit der Entstehung der Ängste ursächlich in Verbindung stehen. Es gehört dazu, wenn dieses Verständnis erarbeitet wurde oder wird, dass sich der Patient ebenso den Angst auslösenden Situationen stellt.
Nicht immer ist eine ausschließliche psychotherapeutische Behandlung hilfreich, so dass zusätzlich Medikamente gegeben werden können oder müssen. Gute Ergebnisse zeigen sich häufig durch die Kombination von psychotherapeutischen und medikamentösen Verfahren, insbesondere wenn es sich um eine länger anhaltende und schwerere Symptomatik handelt. Für die medikamentöse Behandlung werden hauptsächlich Antidepressiva eingesetzt, die neben einer antidepressiven Wirkung auch eine Angst mindernde Wirkung haben. Die Wirkung setzt meistens nach 14 Tagen bis drei Wochen ein. Manche Menschen leiden so sehr unter akuten Angstanfällen, dass sie diese nicht ohne Medikation überstehen. Für den akuten Angstanfall können beruhigende bzw. dämpfende Medikamente verwendet werden. Medikamente, die längerfristig zur Abhängigkeit führen, sollten vermieden werden. Günstiger ist es, Medikamente zu bevorzugen, die kein Abhängigkeitspotential aufweisen.
Bezogen auf den individuellen Fall, also unter Berücksichtigung der Symptomatik, Dauer und Schwere der Erkrankung und der Art der Angststörung, sollten Psychotherapeuten und Ärzte gemeinsam mit dem Patienten entscheiden, ob eine psychotherapeutische Behandlung allein ausreichend ist oder ob eine Kombinationsbehandlung mehr Aussicht auf Erfolg bringt. Eine stationäre Behandlung muss in manchen Fällen ebenfalls in Erwägung gezogen werden. Sollte eine medikamentöse Behandlung erforderlich sein, kann diese später nach Besserung der Erkrankungen wieder abgesetzt werden. Da Menschen mit Angst häufig sehr angespannt und unter Druck sind, können verschiedene Entspannungsverfahren zusätzlich hilfreich sein, wie z.B. progressive Muskelentspannung nach Jacobsen oder das Autogene Training.
Verfasst vom Arbeitskreis Öffentlichkeisarbeit: Irmgard Baudis ,Regine Fetzer, Senta Fricke, Dr. Renate Weidle
Eine Liste aller im Kreis Göppingen kassenzugelassenen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten erhalten Sie bei den Krankenkassen, der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg unter www.kvbawue.de (dort unter Arztsuche – Psychotherapeuten) oder auf unserer Homepage der Psychotherapeutenschaft im Kreis Göppingen www.psychotherapeutenschaft-gp.de.