Psychotherapeutenschaft Göppingen

Verein der kassenzugelassenen Psychotherapeuten im Landkreis Göppingen





Was Kinder stark macht

Bedeutung der Resilienzforschung für die Erziehung unserer Kinder

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Es gibt Kinder, die unter außerordentlich schwierigen Bedingungen aufwachsen wie z.B. Armut, Krankheit oder Verlust von Mutter oder Vater, langjährige Arbeitslosigkeit der Eltern oder Gewalterfahrungen, und sich trotzdem entgegen aller Befürchtungen erstaunlich positiv und kompetent entwickeln bzw. sich von traumatischen Erlebnissen rasch erholen. Andere Kinder wiederum leben auf den ersten Blick in ausgesprochen günstigen Verhältnissen heran und entwickeln trotzdem eine Fülle von psychischen und physischen Problemen.

Was macht diese Kinder aus ungünstigen Verhältnissen so stark? Was hält sie gesund? Was gibt ihnen die Kraft, nicht nur zu überleben, sondern sogar gestärkt aus diesen schwierigen Lebensbedingungen hervorzugehen? Welche Faktoren förderten die günstigen Entwicklungsverläufe?

In Mannheim untersuchte eine Forschergruppe 30 Jahre lang den Lebensverlauf von Kindern (Mannheimer Risikokinderstudie), die vielfachen Risikobelastungen ausgesetzt waren (Armut, geringes Bildungsniveau der Eltern, elterliche Krankheit, familiäre Konflikte). Eine ähnliche Untersuchung wurde zuvor schon in Hawaii 40 Jahre lang durchgeführt – die erste Resilienzuntersuchung überhaupt. Erstaunlich ist nun, dass diese und andere ähnliche Untersuchungen zu weitgehend übereinstimmenden Ergebnissen kommen.

Zwei Drittel dieser sogenannten Problemkinder (4 und mehr belastende Risikobedingungen) zeigten in ihrem Entwicklungsverlauf Lern- und Verhaltensstörungen und wuchsen zu eher problematischen Erwachsenen etwa mit Schul- und Ausbildungsabbrüchen, langer Arbeitslosigkeit, Straffälligkeit, früher Schwangerschaft und eigenen prekären Familienverhältnissen heran, das restliche Drittel jedoch entwickelte sich zu zuversichtlichen, selbstsicheren und leistungsfähigen Erwachsenen.

Die Beschreibungen dieser erfolgreichen Kinder durch externe Beobachter lesen sich fast euphorisch:

So die Beschreibungen aus der Mannheimer Problemkinderstudie.

Welche Faktoren förderten nun aber diese überraschend günstigen Entwicklungsverläufe?

Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Resilienzforschung. Mit Resilienz ist die Fähigkeit gemeint, selbst in schwierigen Lebenssituationen und nach schweren Schicksalsschlägen wieder auf die Beine zu kommen. Resilienz meint also seelische Widerstandskraft, die Stressresistenz, die psychische Stabilität eines Menschen.

Resiliente Kinder verfügen über Eigenschaften und haben ein Selbstbild, das wir bei den eher scheiternden Kindern nicht antreffen.

Was aber fördert diese seelische Widerstandskraft? Langjährige Forschungsprojekte haben dazu beigetragen, dass wir heute die seelischen Schutzfaktoren besser kennen und deshalb wissen, wie Kinder unterstützt werden können, damit sie dieses seelische Immunsystem aufbauen und mit seiner Hilfe Risiko- und Krisensituationen besser bewältigen können. Das Konzept der Resilienz zielt auf die Entwicklung von Bewältigungsstrategien, betont die Ressourcen und Stärken eines Kindes.

Im Mittelpunkt steht also nicht die Frage, was eine Person krank macht, sondern was sie gesund und psychisch stabil werden lässt.

Gemeinsames Ergebnis aller Untersuchungen ist, dass seelische Widerstandskraft ein hoch komplexes harmonisches Zusammenspiel aus einerseits Eigenschaften des Kindes und andererseits seiner Lebensumwelt voraussetzt. Die Wurzeln für die Entstehung von Resilienz liegen in besonderen schützenden Faktoren im Kind selber und in seinem nahen Umfeld.

Schutzfaktoren in der Persönlichkeit des Kindes:
So waren die resilienten Kinder

Schutzfaktoren innerhalb der Familie:

Schutzfaktoren im sozialen Umfeld:

Ein förderlicher Umgang mit unseren Kindern muss deshalb darauf abzielen, Risikoeinflüsse zu vermindern und Schutzfaktoren zu erhöhen.

Eltern, die die psychische Stabilität ihres Kindes fördern möchten, sollten in ihrer Erziehung darum diese Grundsätze beachten:

Resilienzförderung auf der Eltern-Kind- Beziehungsebene beinhaltet zudem:

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In der Eltern-Kind-Beziehung liegt eine entscheidende Basis dafür, dass das Kind Strategien zur Lebensbewältigung entwickeln kann.

Wenn Kinder von früh an entwicklungsgemäß in Entscheidungsprozesse eingebunden werden, entwickeln sie das Gefühl, selber etwas bewirken zu können, selbstwirksam zu sein und Kontrolle über ihr eigenes Leben zu haben. Dies wirkt den Gefühlen von Angst und Hilflosigkeit entgegen.

Wenn Kindern realisierbare kleine Verantwortlichkeiten übertragen werden, gewinnen sie Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten und lernen, selbstbestimmt zu handeln. So entsteht Selbstbewusstsein.

Wenn Kinder frühzeitig lernen, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen und erleben, dass sie auch schwierigere Situationen meistern können, werden sie sich später von Problemen weniger verunsichern lassen und somit weniger Stress erleben. So entstehen Zuversicht und Lebensmut.

Wenn an Kinder Anforderungen gestellt werden, die von ihnen auch bewältigt werden können, erleben sie Erfolg und ein Gefühl eigener Kompetenz.

Wenn Kinder erleben, dass ihre Eltern Konflikte fair austragen und eine gute Streitkultur den Zusammenhalt und die Zuneigung nicht gefährdet, werden sie ihrerseits bestärkt, ihre Interessen und Wünsche mit angemessenen Mitteln und Methoden zu verfolgen und Durchsetzungsfähigkeit zu erlernen.

Wenn Kinder sehen, dass ihre Eltern Erholung, Entspannung und Ruhepausen als Mittel einsetzen, um mit Anforderungen besser umgehen zu können, lernen Kinder, diese Möglichkeiten auch selbst zu nutzen und sich vor Stress und Überforderung zu schützen.

All dies ist nicht neu. Es geht aber darum, bei Eltern ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass sie in ihrem alltäglichen Umgang mit ihrem Kind die Basis dafür legen, dass es wichtige Lebenskompetenzen entwickeln kann.

Jedes Kind besitzt besondere Talente und Fähigkeiten – diese individuellen Kompetenzbereiche zu erkennen, sie im Alltag immer wieder zu verstärken und dem Kind bewusst zu machen, darin liegt wohl der Kern der Resilienzförderung. Zu häufig und zu schnell neigen wir Erwachsenen dazu, unseren Blick zuerst darauf zu lenken, was ein Kind nicht kann und wo seine Schwächen und Defizite liegen – statt zu erkennen, welche enormen Fähigkeiten und Potenziale dieses Kind besitzt. Hier die eigene Sichtweise immer wieder zu hinterfragen und den Blick dafür zu schärfen, die Stärken eines Kindes wahrzunehmen, ist die Voraussetzung für gelingende Resilienzförderung, ist die Voraussetzung für eine Erziehung, die unsere Kinder fördert und ihnen zu seelischer Widerstandskraft verhilft.

Verfasst vom Arbeitskreis Öffentlichkeisarbeit: Irmgard Baudis ,Regine Fetzer, Senta Fricke, Dr. Renate Weidle


Eine Liste aller im Kreis Göppingen kassenzugelassenen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten erhalten Sie bei den Krankenkassen, der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg unter www.kvbawue.de (dort unter Arztsuche – Psychotherapeuten) oder auf unserer Homepage der Psychotherapeutenschaft im Kreis Göppingen www.psychotherapeutenschaft-gp.de.